Sollte eines Tages die Mehrheit der regierenden FIDESZ-„K“DNP, wie es allein schon angesichts der immer unpopuläreren Ukasse des illiberal-putinistischen Regimes zu erwarten ist, dahinschwinden, gehen viele Beobachter davon aus, dass es dann zu einer Art schwarz-brauner „Haselnusskoalition“ zwischen Orbánisten und Jobbik kommt. Auch wir haben das bereits 2013 geschrieben(1). So ist es nun de facto gekommen. Wir bringen dazu den Kommentar von Gregor Mayer, Korrespondent von DerStandard, in Budapest, veröffentlicht am 03.03.2015 auf Facebook. Dazu ein UPDATE: Der Mehrheitsbeschaffer für die FIDESZ, der Jobbik-Parlamentsabgeordnete István Apáti aus Mátészalka, behauptete gestern nach der Abstimmung, am Wochenende hätten „Todesdrohungen“, ausgesprochen von „drogensüchtigen Mitglieder der lokalen Zigeunermafia” gegen ihn und seine kleine Familie, darunter sein 1 1/2 Jahre altes Kind, „im Raum gestanden“, so dass er die Seinen nicht allein habe lassen können … Dies habe die Polizei Mátészalka heute auf Anfrage von Origo.hu bestätigt.(2)
Nun sind sie ausgemacht, die Schuldigen, die Sündenböcke, Zigeuner wieder mal, wie kann es anders sein, würden Orbán letztendlich wieder zur 2/3-Mehrheit verhelfen. Sozusagen das ungarische Reichtagsbrandmärchen, oder anders: „Bagoly mondja verébnek …“ sagt ein bekanntes Sprichwort im Madjarenland. – Hier der Kommentar von Gregor Mayer:
Bei der Parlamentsnachwahl am 23. Februar in Veszprém hat der rechtspopulistische FIDESZ (Bund Junger Demokraten) von Viktor Orbán seine Zweidrittelmehrheit in der Volksvertretung verloren. Doch wie sich heute zeigte, kann die Orbán-Partei immer noch Gesetze im Verfassungsrang durchbringen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern – dank der rechtsextremen, formal in Opposition befindlichen Jobbik (Die Besseren).
So geschah es heute bei der Verabschiedung der Verwaltungsgesetznovelle – keine ganz unwichtige Rechtsmaterie, denn erneut wurde damit ein Orbán-typisches Zentralisierungsvorhaben durchgeboxt. Die bisher eigenständigen Aufsichtsorgane für die Arbeitsämter, Umweltämter, Katasterämter, Vormundschaftsämter, Bergbau-Inspektorate und Sozialversicherungs-Direktorien werden mit der Novelle abgeschafft. Die Aufsichtsfunktionen übernehmen nun die – auf Komitatsebene tätigen – Regierungskommissare und die Leiter der Kreisämter, das heißt, Personen, die direkt von der Regierung ernannt sind und von ihr abhängen.
Die Novelle erforderte für ihre Billigung die sog. „kleine Zweidrittelmehrheit“, d.h. zwei Drittel der Stimmen der Abgeordneten, die eine Stimme abgeben. Abstimmungen dieser Art sind für den FIDESZ immer noch gewinnbar, wenn die eigene Fraktion vollzählig abstimmt und die Opposition nicht. Beim heutigen Votum zeigte die demokratische Opposition – die linken und liberalen Fraktionen – eiserne Disziplin und stimmte geschlossen gegen die Vorlage. Auch die anwesenden Jobbikler stimmten mit Nein. Dennoch wurde die Vorlage durchgebracht: weil der Jobbik-Abgeordnete István Apáti an der Abstimmung nicht teilnahm. Damit betrug die Zahl der an der Abstimmung teilnehmenden Abgeordneten 196 – die 131 Ja-Stimmen der vollständig vertretenen FIDESZ-Fraktion ergaben hiermit das nötige Zweidrittel-Quorum.
Danke, Jobbik!
(1) Damals agierte der heutige Wirtschaftsminister Mihály Varga wie Zentrums-Reichskanzler Brüning, dem der Ungar verblüffend ähnlich sieht und dessen Weg er bis in Details geht, einschließlich rechtsradikler Ehrabschneidung: „Varga […] wird von dem in Ungarn einflussreichen rechtsradikalen Portal hu.metapedia.org als Jude ‘gelistet’, was ihn aber nicht hinderte, für die neronischen Phantasien seines Chefs die Hand zu heben und damit der Notkoalition der FIDESZ mit der rechtsradikalen Jobbik ab 2014 den Weg zu bereiten.“
https://sopianae.eu/ein-atomdiktator-macht-ernst-das-ungarische-ermachtigungsgesetz-und-die-folgen/
(2) Vgl. http://www.origo.hu/itthon/20150303-egy-jobbikoson-mulott-a-ketharmad.html/
Quellen:
http://index.hu/belfold/2015/03/03/meglett_a_fidesz_ketharmada_egy_jobbikos_hianyzo_miatt/
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