Aus Anlass des Tschernobyl-Gedenktages (26. April) wird jährlich die Konferenz „Nuclear Energy Conference“ abwechselnd in Prag oder Linz veranstaltet. Die 4. NEC, die sich inzwischen zum europäischen Forum einer AKW-kritischen Öffentlichkeit entwickelt hat, fand dies Jahr am 25.04. in Linz statt und drehte sich thematisch um die Frage, ob die Atom-Lobby-Organisation EURATOM noch zeitgemäß und notwendig sei.

Radostina Primova aus Bulgarien (Heinrich-Böll-Stiftung) gab einen profunden Überblick über die Geschichte von EURATOM und betonte die Notwendigkeit eines funktionierenden gemeinsamen Rahmens für Sicherheitsgrundsätze. Sie sah die derzeitige Praxis aber ebenso kritisch, wie die anderen ExpertInnen vor Ort: „Das Glas ist halb voll“, meinte sinngemäß der Vertreter der österreichischen Bundesregierung, Andreas Molin. Patricia Lorenz von „Friends of the Earth“ hingegen kann einem einseitigen Ausstieg insbesondere Österreichs aus EURATOM durchaus einen spezifischen Reiz abgewinnen. Heinz Stockinger aus Salzburg wiederum schilderte anschaulich und mit seinem charakteristischen Humor die Geschichte der Österreichischen Anti-AKW-Bewegung, die er selber mit großem Engagement mit aufgebaut hat. Sylvia Kotting-Uhl, Abgeordnete der deutschen DIE GRÜNEN, nannte ihren Vortrag „Warum Deutschland aus EURATOM aussteigen soll“. Die Juristin Dörte Fouquet stellte mögliche Wege so eines Ausstiegs dar und wog sie mit Refomalternativen ab. Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die Grünen und Energieexperte, zusammen mit Hermann Scheer (1944-2010, seit 1980 Abgeordneter für die SPD im Deutschen Bundestag) Mitschöpfer des deutschen Erneuerbaren Energiegesetzes, erklärte kenntnisreich, warum die Atomkraft eigentlich Ergebnis einer gigantischen Lüge und untrennbar mit militärischen Aspekten verknüpft sei. Außerdem, so Fouquet, schaffe der Brexit nun einen Modellfall, anhand dessen auch andere Länder ihre eigene Haltung gegenüber EURATOM überdenken und neu gestalten können und sollten.
Die etwa 100 TeilnehmerInnen an dieser internationalen Konferenz beschlossen eine EURATOM-Resolution, mittels derer der Europäische Rat aufgefordert wird, innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Konferenz zur Auflösung von EURATOM einzuberufen. Falls diese nicht zustande käme, sollten atomkraftfreie und -ausstiegsorientierte Mitgliedsstaaten einseitig den EURATOM-Vertrag kündigen und jegliche finanzielle Unterstützung an EURATOM einstellen.
Derartige Netzwerktreffen, in diesem Fall dankenswerterweise finanziert von der oberösterreichischen Landesregierung, bieten im kleinen Rahmen eine Möglichkeit der internationalen Vernetzung der atomkritischen Öffentlichkeit, die damit der großen Atomlobby zumindest mal den berühmten kleinen David entgegenstellen kann, den sie mehr als bitter nötig hat.
Weitere Informationen (inkl. Fotos und der Resolution) zum Treffen in drei Sprachen (Englisch, Deutsch, Tschechisch) auch hier:
www.nec2017.eu
Bericht: Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu
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