Nun sind auch die Briefwahlstimmen ausgezählt, das offizielle Endergebnis der Parlamentswahl 2022 in Ungarn liegt vor. Die Fidesz hat 1 Mandat verloren, das sie an die Vereinigte, von Márky-Zay geführte Opposition abtreten musste. Die Zeitung Magyarnemzet fasst zusammen:
Da in mehreren Wahlkreisen ein harter Wettbewerb herrschte, konnte an manchen Orten noch nicht festgestellt werden, wer den Kreis gewonnen hat […] Im 13. Wahlkreis von Budapest (Cinkota) schied Kristóf Szatmáry, der Abgeordnete der Region, der mit 38 Stimmen vorne lag, endgültig gegen den Kandidaten der Linken, Zoltán Vajda, aus, der am Ende 478 Stimmen mehr sammelte als sein Gegner.
Hauptverlierer dieser Wahl ist die ehemals rechte Partei Jobbik, die von 26 Mandaten, die sie noch bei der Parlamentswahl 2018 unter Gábor Vona errungen hatte, praktisch zwei Drittel abgeben musste, so dass sie nur noch auf 9 Mandate kommt. Das ist das Ergebnis einer gescheiterten „néppártosodás“ ( = Popularisierung, Umbau zur Volkspartei) unter dem seit 2020 amitierenden Vorsitzenden Péter Jakab.
Der zweite große Verlierer der Parlamentswahl 2022 sind die Grünen von der LMP.
Von dem Image der „sauberen Kraft“ (tiszta erő), wie sie sich um 2010, so auch noch zur Wahl 2014 dem Wähler präsentierte, ist nichts mehr übrig. Das Mitlaufen einzelner ihrer Spitzenpolitiker wie Bernadett Szél auf den Pride-Paraden an der Seite der österreichischen Europa-Parlamentarierin Ulrike Lunaczek und ihrer perunaisch-stämmigen Lebensgefährtin ließ die junge Partei internationalistisch und Brüssel-hörig erscheinen, beides Todsünden im christlich-konservativ geprägten Ungarn.
Die von der Kleinpartei Új Kezdet übergetretene Krisztina Hohn und die letzte Ko-Sprecherin der LMP, Erzsébet Schmuck, sind nicht mehr im Hohen Haus vertreten. Entgegen dem grünen Phrasendresch von „Geschlechtergleichheit” ist die LMP-Fraktion der Zukunft ein reiner Herrenklub.
Ein vorteilhaftes Revirement ist hingegen der LMP-Abspaltung „Dialog für Ungarn“ (Párbeszéd Magyarországért) gelungen. Olivio Kocsis-Cake, der im Wahlkampf mit Verzicht auf russisches Gas und „frieren gegen Putin“ Solidarität mit der Ukraine gefordert hatte, sowie der mit Korruptionvorwüren belastete Fidesz-Staatssekretär Pál Völner werden dem neuen Parlament nicht mehr angehören.
In Pécs vergrößerten die Briefwahlstimmen den Abstand zwischen dem Dialog-Abgeordneten Tamás Mellár und dem Zweitplatzierten János Kővári um 1100 Stimmen. Der alte Hinterzimmer-Strippenzieher Mellár, der schon Premier Antal in den frühen 1990 Jahren als Berater gedient hatte, hatte den richtigen Riecher, als er auf jedwede plakative Provokation verzichtete.
Relativ gut hat die erst 2017 gegründete Soros-Partei Momentum Bewegung abgeschnitten. Sie belegt, nur auf Budapest gestützt, mit 11 Sitzen Platz zwei hinter der Demokratischen Koalition des ehemaligen Premiers Gyurcsany, die auf 16 Sitze kommt. Allein die Momentum-Abgeordnete Bernadett Szél, bis 2018 Ko-Sprecherin der „grünen“ LMP, war nicht mit einem sicheren Listenplatz gegen einen harten Aufprall auf dem harten Boden der Realität abgefedert. Sie zieht sich aus der Politik zurück.
„Die [„orange”, d.h. Fidesz wählenden] Ungarn lieben nicht die Zweidrittelmehrheit, sie hassen den linken Schweinefraß”, brachte der Gründer der LMP, András Schiffer, im Interview mit InfoRádió Aréna die Situation des ungarischen Wahlbürgers auf den Punkt.
Das Wahlergebnis im Überblick:
FIDESZ-KDNP: 135 Sitze
„Einheit für Ungarn“: 57 Sitze, 38 Listenplätze und 18 Einzelmandate, entfallen auf:
DK: 16 Abgeordnete – 12 Listen + 4 Einzelsitze (Gergely Arató, Balázs Barkóczi, Lajos Oláh, László Varju)
Momentum: 11 Abgeordnete – 6 Listen + 5 Einzelsitze (Ákos Hadházy, Miklós Hajnal, Anna Orosz, Szabolcs Szabó, Endre Tóth)
MSZP: 9 Abgeordnete – 5 Listen + 4 Einzelsitze (Dezső Hiszékeny, István Hiller, Ágnes Kunhalmi, Sándor Szabó)
Jobbik: 9 Abgeordnete – 9 Listen + 0 Einzelsitze
Dialog: 7 Abgeordnete – 3 Listen + 4 Einzelsitze (András Jámbor, Tamás Mellár, Tímea Szabó, Bence Tordai)
LMP: 4 Abgeordnete – 3 Listen + 1 Einzelmandat (Antal Csárdi)
Mi hazánk: 6 Abgeordnete, 0 Einzelmandat.
Magyarországi Németek Országos Ökormáynzat (Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen): 1 Abgeordneter
Quellen:
https://vtr.valasztas.hu/ogy2022/orszaggyules-osszetetele
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